In Stadtrat und Stadtverwaltung befinden sich Mandatsträger und öffentliche Beschäftigte, die Köln mit realitätswidrigen Etiketten schmücken. „Kinderfreundliche Kommune“, „Fahrradfreundliche Stadt“, „Sportstadt“: Köln ist weder dies noch das noch jenes. Statt lange bekannte Mängel zu beheben, bescheinigt man sich Exzellenz. Kontrafaktische Plakate künden dem Volke vom großartig Erreichten. Der blanke Hohn dieser Masche gründet auf der Annahme, dass man bei seinem Tagwerk als steuerfinanzierter Nichtsnutz und Geldverschwenderin von seinen Zeitgenossen unbehelligt bleibt.
Öffentliche Versager aller Kölner Ebenen, versteckt euch nicht länger hinter Ämtern, Parteien, Institutionen: Zeigt euer Gesicht! Erntet euer Feedback: Am Pranger! Oder wie ihr es nennt: Zeit für Bürgerbeteiligung!
Leute aus Köln, strömt herbei auf den Alter Markt: Der Pranger ist wieder eröffnet! Hauchen wir einer vernachlässigten Tradition erhitzten Gemüts neues Leben ein! Füllen wir den fahrlässig vernachlässigten Schandfleck dieser geschichtsvergessenen Stadt mit frischen Matschfarben aus peitschenschneller Wurfhand!
Kandidaten in Rat und Verwaltung, die es treffen könnte, gibt es in dieser Stadt genug. Nicht zu vergessen die Kandidatinnen in Chefrolle bei Kommunalbetrieben!
1 seit 2014 nicht in Betrieb gestellt 2 seit 1999 geschlossen (ohne Bautätigkeit) 3 seit 2017 geschlossen wg. Wasserschaden (ohne Bautätigkeit) 4 seit 2007 in Planung (ohne Bautätigkeit) 5 seit 2018 in Sanierung (bis 2028) [vgl. Neubau: 1927-1929, 2. Neubau: 1949-1951] 6 seit 2018 geschlossen (ohne Bautätigkeit) 7 seit 2009 (Einsturz) Baustelle bis 2028 8 seit 2012 in Sanierung (bis 2024) 9 seit 2019 geschlossen (ohne Bautätigkeit) 10 seit 2014 einsturzgefährdet (für Lkw gesperrt bis 2024) 11 Baustopp von 1528 bis 1842
Das Cover der neuen Kölner Gartenordnung verrät auf den ersten Blick, wie viel oder wenig Sachverstand und Sorgfalt in der Broschüre1 stecken. Am betriebenen Aufwand lag es nicht. Ein Jahr länger als geplant feilten Vertreter aus Lokalpolitik, Amtsstuben und Naturschutzverbänden an Hunderten Paragrafen, um die Gartenordnung wieder einmal zu überarbeiten. In ihr steht, was Kleingärtner auf ihrer gepachteten Parzelle tun dürfen, sollen, müssen und was nicht. Explizit ausgeschlossen von der Mitarbeit haben die beteiligten Volksvertreterinnen und Volksvertreter im Ratsausschuss „Umwelt, Klima und Grün“ die Kölner Kleingartenvereine und deren Mitglieder. Kein Vereinsvorstand und keine Pächterin durfte mitentscheiden. Mit diesen Leuten, die über die mögliche oder unmögliche Umsetzung von Gartenvorschriften in der Praxis Bücher schreiben und Lieder singen könnten, wollten sich die Grünen nicht an den Tisch setzen. Ihre Graswurzeldemokratie wächst von oben.
Nach zehn Jahren, so die Absicht der Reformgeister im Stadtrat, mochte man das Regelwerk für die 13.000 Kleingärten in der Stadt auf die Höhe der Zeit bringen, was auch immer das heißen mag. Giftverbot, Vogelschutzzeit, Kompostiergebot und Artenschutz standen jedoch längst schon in der Gartenordnung. Wie also könnte man die Kleingärten noch „ökologischer“ machen, wie man es sich als Ziel formuliert hatte? Ideen wie das Verbot von Benzinrasenmähern, die Vorschrift einer Nisthilfe oder ein Blühwiesen-Zwang wurden allen Ernstes diskutiert. Auch wenn sich nicht alles davon in der Endfassung wiederfindet, haben die Stadträte genug Buchstaben zu Papier gebracht, um sagen zu können, sie hätten was getan. Und weil sie ihre Paragrafensammlung vor Verabschiedung zwei Wochen lang zum Kommentieren ins Netz stellten, können sie sagen, sie hätten die Öffentlichkeit beteiligt.
Die neuen Regeln der Gartenordnung fallen nun genau so weltfremd aus, wie zu befürchten war. Statt die wesentlichen Kriterien klar, verständlich und rechtssicher zu formulieren und einige unnötige oder unpraktikable Vorschriften zu tilgen, gibt es jetzt doppelt so viele Seiten wie vorher, ein pralles Füllhorn an Detailvorschriften. Allein die Bauvorschriften sind verdoppelt worden. Auf drei neuen Seiten findet sich eine Liste mit Pflanzen, die kaum ein Laie kennt und die selbst von Wertgutachtern bei Pächterwechseln nicht zuverlässig erkannt werden. Sie sind jedenfalls verboten. Kirschlorbeer ist nicht dabei, Lorbeerkirsche schon. Aha.
Diese Regelungsorgie hält die verantwortlichen Stadträtinnen und Stadträte nicht davon ab, das Ergebnis ihrer unprofessionellen Textarbeit wahrheitswidrig als Liberalisierung zu verkaufen und als Entschlackung, und die lokalen Pressevertreter transportieren das in aller Ahnungslosigkeit über Kleingarten und Vereinsstrukturen unkritisch so weiter. Welch verpasste Gelegenheit! Findet sich doch in der Gartenordnung eine solche Menge an gärtnerischem, bürokratischem und schwärmerischem Schwachsinn, dass sich damit eine wöchentliche Glosse füllen ließe, begleitet von Kommentaren, die über die Unfähigkeit derjenigen räsonnieren, die so einen Quark beschließen, und sich über die Naivität amüsieren, ihr Reformwerk werde in der Praxis ebenso detailverliebt umgesetzt, wie es zusammengeklaubt wurde.
Solange Kölner Stadt-Anzeiger, Express und Stadtrevue diese Fundgrube an Aufregern übersehen, werden wir uns an deren Stelle im Lauf des Gartenjahrs einigen Highlight-Paragrafen widmen. Lesen Sie in der nächsten Folge, was dem Kölner Stadtrat zum erstmals regulierten Thema „Fahnenmast“ in Kleingartenanlagen eingefallen ist. Nicht zu fassen :-!
Ihre Partei vernünftiger Argumente in den Grenzen der Sachkenntnis (PAGRESA)
Interessanterweise erregt der Anblick des auf dem Cover dargestellten Pärchens wegen angeblicher Rollenklischeehaftigkeit bei mehr Betrachterinnen und Betrachtern Anstoß als der fehlende Großbuchstabe im Titel. Der fällt vielen gar nicht auf.↩︎
Für ein Bier den Werbeanspruch „Kein anderes“ zu formulieren, klingt immer anmaßend, selbst wenn der Slogan auf das beste Bier der Welt zielte und nicht auf „Kronsberg“, ein in Lingen an der Ems gebrautes und dort vertriebenes Discount-Bier. Besonders unpassend ist er für ein Bier ausgerechnet aus Braufabriken der Radeberger-Gruppe, die mehr als 50 Biere zusammenbraut und mit Etiketten versieht. Von wegen: Kein anderes! (s. Bildnachweis)
Werbung ist irreführend, gewiss, doch führt jene von NOLTE-Bier inhaltlich allzu weit in die Irre. Bier an sich ist niemandes Ziel, abgesehen allein von Angehörigen der ehrwürdigen Zunft der Brauer. Da es der Kölner Ich-möchtegern-brauen-Brauerei Nolte einer Brauerei im Stadtgebiet mangelt, lässt sie ihre Flaschen in Bayern füllen. So gesehen verfolgt sie als Produzent mit eigenem, wenn auch ferngebrauten Bier ein zwar glaubwürdiges, aber nur wenig originelles Ziel.
An Konsumenten gerichtet, die im Marketing auf der Straße bekanntlich angesprochen und gewonnen werden sollen, funktioniert der Slogan überhaupt nicht. Für sie ist Bier niemals Ziel, sondern immer Mittel zum Zweck, sogar für deren viele. Der Erfolg des beliebten Volksgetränks Bier speist sich gerade daraus, dass es so mehrzweckdienlich ist. Bier unterstützt den gesunden Appetit wie den ungesunden Auswurf, fördert die Geselligkeit ebenso wie die Einsamkeit, befördert die Partnerauswahl (vgl. „Der Zug hat keine Bremse“/Malle Anja) und torpediert diese (vgl. ebenda). Bier ist triebfördernder Treibstoff wie schlaffmachender Weichmacher. Bier ist ebenso Pre-Sex- wie After-Sport-geeignet. Niemals aber ist Bier dabei das Ziel. Es erfüllt keinen Selbstzweck.
Den Werkzeugcharakter des Genussmittels illustriert ein einfaches Gedankenexpertiment. Als hinzu kommender Kneipengänger zu später Stunde werden Sie vor die Wahl gestellt, wen an der Theke sie erobern möchten: ein anderes einsames Herz oder einen Zapfhahn? Statt vorschnell zu antworten, bedenken Sie: Ein Bier kann man sich nicht schöntrinken, einen unter Hast gefundenen Verkehrsteilnehmer sehr wohl! Ein schlechtes Bier schmeckt mit jedem Schluck schlechter, während ein zufällig verfügbarer Sexualkandidat mit jedem Schluck an Attraktivität gewinnt. Wir sehen: Wäre Bier wirklich das Ziel, ein jeder bliebe für sich.
Selten appellieren Brauer in der Bierwerbung an die Intelligenz ihrer Kundschaft. Aus gutem Grund setzen sie kulturelle oder historische Kenntnisse nicht voraus. Denn gelingt das werbliche Unterfangen und die Zielgruppe fängt eifrig zu trinken an, löscht sich allmählich, was da war, und die Werbung zielt mehr und mehr ins Leere. Der Geist weicht dem Geistigen. Wissensdurst ist eine Plage, die sich mit Kölsch besonders erfolgreich auslöschen lässt. Die wenigen hellen Köpfe im Kölner Stadtgebiet, die je noch zum Kölsch greifen, unterlassen das nach wenigen Versuchen, so wie der durchreisende Sänger und Pilot der Heavy-Metal-Band Iron Maiden, Bruce Dickinson.1
Die anderen in Köln, die allen körperlichen und geistigen Warnsignalen zum Trotz die lokale Biersuppe weiterlöffeln, gehen auf der Treppe nach unten. Sie werden Studenten an der Universität zu Köln, und wenn sie später nicht selbst bei der Stadt arbeiten oder im Rat sitzen, betrachten sie deren Unfähigkeit als Lebensgesetz, das sie hinnehmen, aber nicht verstehen. Kölsch macht eben stumpf, nicht schlau.
Wer nach guter Kölner Lebensart beim Warten auf die U-Bahn, auf dem Spielplatz vor der Kita oder unter der Wasserkanone im Attraktionsbecken des Stadionbads stehend nicht nur tief ins schmale Glas schaut, sondern bildungshungrig auch das Flaschenetikett studiert, findet dort im Kleingedruckten einen Text, den heute keiner mehr versteht, so angestrengt und lange man auch darauf blickt. Niemand, den wir an besagt-beliebten öffentlichen Konsumräumen der Domstadt mit einer Pulle des REWE-Kölschs Richmodis antrafen, wusste, was ihm der Werbetexter da zu erzählen versuchte. Das war den befragten Kölnern übrigens auch sehr egal, wie im Übrigen alles andere auch.
Lediglich ein Nicht-Kölner legte einen Funken Interesse an den Tag, vermutlich weil er sich erst kurz auf Kölner Boden aufgehalten hatte. Er war zu kurz in der Stadt, um den Fehler des Bruce Dickinson begehen zu können, im Vertrauen auf die Weisheit der Einheimischen einfach auch das zu trinken, was diese trinken. Ebenso war er zu kurz da, um bereits von dem sedierenden Odium befallen zu sein, das aus öffentlichen Mülleimern entströmt, die in Köln bis auf Pfandflaschen ungeleert bleiben. Der rottige Muff wirkt im geografischen Sinn als örtliche Betäubung, die unweigerlich alle Ortsansässigen früher oder später anfällt und überwältigt, bis sie ihn selbst ausströmen und an andere weitergeben. Nicht so unser Gewährsmann, der tatsächlich wissen wollte, worum es bei dem Klappentext der Flasche denn nun also gehe!
Als ihm der Schleier der Unwissenheit gelüftet wurde und die Wahrheit in aller Nacktheit hervortrat, bereute er seine Neugier und er bettelte darum, wieder unter oben genannten Schleier schlüpfen zu dürfen. Nach zwei Schlucken Richmodis-Kölsch erreichte er dieses Ziel und vergaß die grauenhafte historische Begebenheit, aus deren Erwähnung sich die Brauerei einen positiven Marketing-Effekt verspricht. Ungeheuerlich!, wenn man weiß, worum es bei der Geschichte mit den Pferden, der Treppe und der unsterblichen Liebe wirklich geht: Familiengründung mit einem Zombie!
Köln im Jahr 1357: Die Frau des Bürgermeisters stirbt an der Pest und wird beerdigt. Sie steht aus dem Grab auf, geht nach Hause und klopft. Er glaube nicht, dass sie es sei, sagt der Witwer. Eher als seine Frau vor der Tür fände er seine Gäule die Treppe rauf oben unterm Dach. Als dem plötzlich so ist, heißt er die Untote willkommen und macht ihr drei Kinder. Beide Eheleute waren aus edlem Bürgerblut und entstammten reichen Familien, im damaligen Köln wie einige andere patrizische Sippschaften Die Geschlechter genannt. Vielleicht liefert derart skandalöses Paarungsverhalten die Erklärung, warum Eliten in Köln innerlich so verrottet sind? Neben dem Kölsch, selbstverständlich.
„Die Hölle ist ein Ort, an dem es nur Männer gibt, die Kölsch trinken … Einige der schlimmsten Katertage meines Lebens habe ich dieser Plörre zu verdanken … Es ist mir unbegreiflich, wie man sich das freiwillig durch den Hals jagen kann, wo es in Deutschland so wunderbare Biere gibt.” (Bruce Dickinson im: Rolling Stone)↩︎
Der Immobilienmarkt nennt’s ein angesagtes Viertel: bunt, lebendig, quirlig, hip. Diese Begriffe aus der Welt der Makler und Immoscouts muss ertragen, wer in Ehrenfeld eine Wohnung sucht oder einen Laden mieten möchte. Weil immer mehr einkommenstarke Bevölkerungsqruppen dem Glauben verfallen, dieses ehemalige Kölner Arbeiter- und spätere Armenviertel sei irgendwie special, finden Immobilieneigentümer immer öfter jemand, der ihre Preisvorstellungen erfüllen mag. Die steigen und steigen. Ein Café zu mieten, kostet heute das Dreifache wie vor 15 Jahren. Gleiche Fläche, dreifacher Preis. Der befristete Gewerbemietvertrag wird alle paar Jahre mit dem Argument angepasst, die Kaufkraft in Ehrenfeld sei doch gestiegen: dank all der hippen neuen Leute aus dem Akademikermilieu. Hinzu kommt die Stadt, die für die Außengastro beherzt abkassiert.
Was die Preistreiber nicht erwähnen, ist die herrschende Enge und die mangelnde Qualität der Bausubstanz. Anders als in den von Alleen durchzogenden Gründerzeitvierteln Berlin-Prenzlauer Berg, Leipzig-Lindenau oder Chemnitz-Kaßberg gibt es in Köln-Ehrenfeld keine breiten Straßen und keine beeindruckenden ausbaufähigen Altbauten, die einer Wiederbelebung harren. Was an Altbau da ist, nennt sich Drei-Fenster-Haus, was auf die beschränkte Größe der Wohnungen hinweist, im Durchschnitt unter 60 Quadratmeter. Fiel der Bau in die Nachkriegszeit, sind die Wände so dünn, dass man den Nachbar schnarchen hört. In den 70er-Jahren galt diese Bausubstanz als so lausig, dass der Stadtteil zum Abriss vorgesehen war. Man nannte das Flächensanierung, zu der es dann doch nicht kam. Stattdessen förderte die Stadt Köln mal einen Lückenschluss, dort einen Kindergarten, da ein Kulturprojekt. An der Bausubstanz änderte das wenig, auch wenn die meisten Ehrenfelder Mieter heute immerhin in ihrer Wohnung pinkeln können statt dafür runter müssen auf die halbe Treppe.
Wie es wirklich um die Immobilie Ehrenfeld bestellt ist, befindet der städtische Abschlussbericht des Sanierungsprojekts Ehrenfeld-Ost, der nach 20 Jahren städtischer Sanierungsmühen ehrlicherlicherweise feststellt: „Eine besondere Eigenart des Sanierungsgebietes sind die kleinteiligen Flurstücke, die starke Überbauung der Blockinnenbereiche und dadurch bedingt der Mangel an ausreichenden Grün- und Freiflächen … Trotz deutlicher Substanzmängel genießt das Quartier eine steigende Attraktivität als Wohnstandort mit urbanen Qualitäten.“ Seitdem entwickelt der Hype das Viertel weiter. Mithilfe von Niedrigzinsen und Stadtteilmarketing hat die Immobilienwirtschaft geschafft, was unmöglich schien: Brösel als Betongold glitzern zu lassen.